Ginkgo biloba L. – ein bemerkenswertes Gehölz

1. Biologie [1]

Die Blattgrößen und die Länge der Blattstiele, 2-8 cm, sind nach Kiermeier keineswegs an eine bestimmte Triebform gebunden, auch nicht die Stellung im Kroneninnern oder -randbereich. Der Laubaustrieb setzt erst spät ein: Mitte-Ende Mai, die Herbstfärbung ist dann rein-gelb und der Laubfall erfolgt innerhalb weniger Tage, meist bis Mitte bis Ende November bei Frost.
Der Ginkgo ist zudem eine meist zweihäusige Pflanze, die Blüten- bzw. Samenbildung setzt jedoch nicht vor dem 20. oder auch 50. Lebensjahr ein. Dann jedoch erscheinen die männlichen Blüten in Kätzchenform unmittelbar vor dem Laubaustrieb und die weiblichen Blüten sitzen meist paarweise pro Stiel, wobei häufig nur eine der beiden Blüten einen gelben, mirabellenähnlichen Samen bildet. Damit überhaupt keimfähige Samen  angesetzt werden, die sich durch einen widerlichen Geruch (Butter-, Capron- und Valeriansäure)  auszeichnen, müssen männliche Exemplare im Umkreis von etwa 1,5 km vorhanden sein.
Nach Carr sind folgende Zuwächse beim Ginkgobaum anzutreffen: in 12 Jahren 4-5 m, in 30 Jahren ca. 8-10 m und in 50 Jahren ungefähr 10-12 m.  Junge Zweige weisen meist eine bräunliche Färbung auf, später jedoch wirken sie eher grau und die Rinde an älteren Bäumen ist dickborkiger, ähnlich wie bei Kiefern.
 
2. Vorkommen [2]

Vom Ginkgo wurde lange angenommen, dass er nicht mehr wild vorkommt, dass er nur als Tempelbaum in China und Japan überlebt hätte. Jedoch bestätigten chinesische Botaniker (W. C. Cheng & S. C. Chien & Tsoong), dass der Ginkgo, wenn auch nur in eng begrenzten Gebieten der Provinzen Anhwei und Chekiang sowie in Kweichow, vorkommt. Daneben kennt man jedoch noch einige weitere natürliche Vorkommen. Vergesellschaft ist der Ginkgobaum in Laub- und Nadelmischwäldern mit Pseudolarix amabilis, Liquidambar formosana, Acer davidii, Nyssa sinensis, Fagus engleriana, immergrünen Eichen und weiteren. Die Einbürgerung des Ginkgos in Japan wird von H.-L. Li vor ungefähr 1000 Jahren angenommen. Um 1730 kam dann auch der erste Ginkgo biloba L. nach Europa.
 
3. Sorten [3]

Seit der Einführung des Ginkgos in Europa sind auch die ersten Zuchtformen gezüchtet worden. Im 19. Jahrhundert waren dies ’Aurea’, ’Aureo-Variegata’, ’Fastigiata’, ’Lacininata’ und ’Pendula’, die ausschließlich in Europa entstanden. Im 20. Jahrhundert kamen durch Züchtungen amerikanischer Baumschulen neue Sorten hinzu. Darunter ’Autumn Gold’, ’Fairmount’, ’Mayfield’, ’Princeton Sentry’, ’Lakeview’ und ’Santa Cruz’. Des Weiteren entstand eine europäische Züchtung im Botanischen Garten von Dortmund ’Tremonia’.

Sorten [4,5]
Aurea
Aureo-Variegata
Autumn Gold
Columnaris
Fairmount
Fastigiata
Laciniata
Lakeview
Mayfield
Pendula
Princeton Sentry
Santa CruzSaratoga
Tremonia
Variegata
gelbe Blätter
gelbgestreifte Blätter
überragende gelbe Herbstfärbung
säulenförmiger Wuchs
säulenförmiger Wuchs und männlich
Typengemisch schlankwüchsiger Formen
geschlitzte übergroße Blätter
kegelförmig und männlich
säulenförmiger Wuchs und männlich
Typengemisch mit übergeneigten Zweigen
säulenförmiger Wuchs und männlich
kugel- bis schirmförmig und männlich
sehr stark zerschlitzte Blätter
Säulenform und männlich
zu Aureo-Variegata

4. Vermehrung [6]

Da der Ginkgo in der Regel ein getrenntgeschlechtlicher Baum ist, eignen sich zur Vermehrung am besten Samen von Bäumen, wo entweder zwei Geschlechter nebeneinander stehen oder ein Ast des anderen Geschlechts aufgepfropft wurde. Ist nun die Bestäubung (im Frühjahr) erfolgt, kann es mehrere Monate bis zur Befruchtung dauern. Deshalb ist es auch im Spätherbst noch nicht sicher, ob die entwickelten mirabellenförmigen Gebilde noch Samenanlagen oder bereits reife Samen sind.
Die Aussaat kann entweder im Gewächshaus (Anfang März) oder im Freien (Mitte April) erfolgen. Eine Aussaat über den Winter [7] ist auch möglich. Für das Substrat eignet sich leichter und wasserdurchlässiger Boden, dabei ist der Wasserbedarf bis zur Keimung sehr hoch. Die Keimung erfolgt etwa ab der 3. Woche bis zur 15. Woche (teilweise auch erst im nächsten Frühjahr). Die Samen sind außerdem vor Mäusen zu schützen, da sie von dem nussartigen Geschmack der Embryonen angezogen werden.
Die Kultivierung über Reiser oder Propfung führt meist nicht zu den gewünschten Erfolgen.
Ginkgo ist für eine Weiterkultur ziemlich anspruchslos, es ist jedoch für die ersten Jahre ein Frostschutz vorzusehen. Für ein optimales Wachstum ist ein sandiger Lehm oder lehmiger Sand (Ph 4,5 - 7,7), der locker, humos, tiefgründig und gut drainiert ist, zu verwenden. Zu starke Windbelastung ist dagegen nicht zu empfehlen, jedoch ein sonniger Standort. Wie auch schon beim Samen ist er vor Mäusen, Kaninchen und Rehen zu schützen.
Empfehlenswert ist auch, mehrere Jungpflanzen in ein Pflanzloch zusetzen, denn in kürzester Zeit ergibt sich daraus ein relativ dickstämmiger Baum [8]. Auf Wirken von Frau Doz. Dietrich wurde unter dem Ginkgo seit einigen Jahren das Mähen ausgesetzt und eventuell aufgehenden Sämlingen die Chance gegeben, sich zu entwickeln. Im Jahre 2001 konnten erstmals insgesamt 61 Jungpflanzen gezählt und markiert werden. Sinn dieser Beobachtung war es, ob Ginkgo-Jungpflanzen den Winter in geschützter Lage überstehen können und somit selbst zu einer generativen Vermehrung in Jena fähig sind. Dieses Experiment scheint insoweit geglückt, dass einige Ginkgobäumchen im Frühjahr 2002 wieder austrieben. Im Sommer 2002 wurden genau 12 Jungpflanzen gezählt. Weitere Untersuchungen sind jedoch nötig, inwieweit auch die Folgejahre überstanden werden oder ob es generell eine Periode mit milden Wintern als Voraussetzung für die erfolgreiche generative Aufzucht erfordert.
 
5. Besonderheiten

Zu erwähnen sind beim Ginkgo einige Besonderheiten. Zum einen seine starke Resistenz gegen atomare Strahlung, Insektenfraß, Virusbefall, Pilzbefall und Feuer.
Aber auch abnorm geformte Blätter, können beobachtet werden, z. B. am Gabelwedel die Samenanlage auszubilden. Japanische Forscher beschrieben auch zu runden Tüten verwachsene Blätter, in denen sich die Determination der Achse mit der des Blattes mischte. Bisweilen kann man einzelne, sich vermaschende Blattadern entdecken.
Unerwähnt soll auch nicht bleiben, dass gerade alte Bäume zuweilen am Stamm oder starken Seitenästen Auswüchse bilden (so genannte "chichi").  Diese Auswüchse können zudem, sofern sie den Boden berühren, auch wieder verwurzeln und Seitentriebe bilden.


1 Kiermeier, P. (1984) Zur Problematik Stadtfester Gehölze - 12. Ginkgo biloba - ein Anlass zu Missverständnissen. In "Das Gartenamt" 33, Heft 4, S. 239-244, Hannover.
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 Ebenda.
5 Dietrich, H. (2001) Ginkgo biloba als Stadtgehölz. Handreichung, Institut für Spezielle  Botanik der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Philosophenweg 16, D-07743 Jena.
6 Archiv Hultzsch E. (1984) Anzucht von Ginkgo biloba aus Samen. Merkblatt 22. 03. 1984
7 Dietrich, H. (1987) Ginkgo biloba - Silberaprikose. Ratschläge zur Anzucht und Vermehrung. In Tageszeitung "Volkswacht", 29.01.1987. Jena.
8 Dietrich, H. (2001) Ginkgo biloba als Stadtgehölz. Handreichung, Institut für Spezielle  Botanik der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Philosophenweg 16, D-07743 Jena.

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